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Wie gingen unsere Vorfahren mit Seuchen um? – 042


Gänzlich hilflos ausgeliefert waren die Menschen bis ins 18. Jahrhundert und in abklingendem Maße auch noch im 19. und frühen 20. Jahrhundert gegenüber hochansteckenden Seuchen, ob es sich um die Cholera, Typhus, die Ruhr oder auch die Spanische Grippe am Ende und nach dem Ersten Weltkrieg handelte. Die schrecklichste Seuche, die bei ihrem Auftauchen vielfach panikartige Reaktionen auslöste, war indessen zweifellos die Pest. Von der Antike bis ins 18. Jahrhundert tauchte sie immer wieder in Europa auf mit vielfach verheerenden Auswirkungen und schwersten Erschütterungen des sozialen und gesellschaftlichen Lebens und Zusammenhalts.
 
Ich will Ihnen in meiner Online-Rubrik in mehreren Beiträgen anhand der Forschungsliteratur und von literarischen Schilderungen wie auch von konkreten Beispielen aus unserem Raum berichten, wie unsere Vorfahren auf die Pest reagiert, welche Strategien sie entwickelt haben, was der Einbruch der Seuche in den Gesellschaften an auflösender Sprengkraft und der Suche nach Sündenböcken wie auch an solidarischem Zusammenhalt und selbstloser Nächstenliebe ausgelöst hat.
 
Erst 1894 entdeckte die wissenschaftliche Forschung den Pestbazillus und wenig später dessen Übertragungsweg durch Rattenflöhe bzw. auch von Mensch zu Mensch. Nach einer letzten Epidemie in Deutschland zwischen 1708 und 1714 war diese schrecklichste aller Seuchen gleichwohl bereits im 18. Jahrhundert weitgehend aus Europa verschwunden. Die Forschung führt dies, wie der aus dem hohenzollerischen Wessingen stammende renommierte Frühneuzeit-Historiker Prof. Paul Münch in seinem noch immer lesenswerten Grundlagenwerk „Lebensformen in der Frühen Neuzeit“ schreibt, auf zwei Ursachen zurück: Zum einen die Veränderung in der Rattenpopulation mit einem Rückgang der schwarzen Hausratten und dem Aufkommen der unter der Erde lebenden braunen Wanderratten. Und zum anderen auf die zunehmende „Versteinerung“ der Siedlungen mit der Errichtung fester Häuser aus Stein, wodurch die Ratten aus dem menschlichen Wohnbereich verdrängt wurden.
 
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Edwin Ernst Weber