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Tackernadeln als Feinde der Archivarbeit


Dabei steht wohl kaum ein Handwerkszeug so sinnbildlich für Verwaltungsarbeit wie der Tacker: Wer an Behörden denkt, denkt fast zwangsläufig auch an Hunderte Seiten ausgedruckter Dokumente. Dokumente, die von fleißigen Mitarbeiterhänden zusammengetackert werden. Alles nur Klischee? Eher nicht.

Ein Blick hinter die Kulissen des Kreisarchivs in Sigmaringen macht deutlich, warum die Tackernadel mit einem kleinen Augenzwinkern als Intimfeindin der Archivarbeit bezeichnet werden kann: Über die unterstützend betreuten Kommunalarchive der kreisangehörigen Städte und Gemeinden verwahrt das Kreisarchiv Hunderte zusätzliche Regalmeter Schriftgut der vergangenen Jahrhunderte. Um diese Dokumente für kommende Generationen bewahren zu können, müssen sie vor Beschädigung geschützt werden. „Und genau hier kommt die Tackernadel ins Spiel“, sagt Vera Hollfelder, Leiterin des Kreisarchivs. „Denn die kleinen Metallklammern können rosten und damit das Papier angreifen – genauso wie der große Bruder der Tackernadel, die Büroklammer.“

Der erste Schritt im Archiv ist deshalb das Entmetallisieren der übernommenen Bestände. „Wer schon einmal versucht hat, eine Tackernadel aus Dokumenten zu entfernen, ohne das Papier zu beschädigen, der weiß, dass das ein schwieriges Unterfangen ist“, sagt Hollfelder. So ist aus den Büros der Archivare schon einmal der eine oder andere Fluch zu vernehmen, wenn eine Kollegin oder ein Kollege in der Vergangenheit beim Tackern allzu fleißig war. Der geheime Traum aller Archivare ist deshalb nur allzu verständlich: die tackernadelfreie Verwaltung.

Eine mit der Schreibmaschine verfasste Notiz aus dem Jahr 1959 wurde zerrissen und mit mehreren Tackernadeln wieder zusammengetackertBei diesem Dokument aus dem Jahr 1959 kam die Tackernadel besonders großzügig zum Einsatz – sehr zum Leidwesen der Mitarbeitenden im Kreisarchiv, die die Metallklammern mit viel Fingerspitzengefühl wieder entfernt haben.

Im Zuge der Digitalisierung könnte dieser Wunsch in Zukunft vielleicht sogar Realität werden, denn Themen der digitalen Langzeitarchivierung haben spätestens seit Einführung der E-Akte den Einzug ins Archivwesen gehalten. Die Bewahrung digitalen Archivguts stellt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor neue Herausforderungen und verändert das tägliche Arbeiten und damit das Berufsbild des Archivars – eine spannende Entwicklung, der auch im Sigmaringer Landratsamt immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Denn auch in den kommenden Jahrzehnten möchte sich das Team des Kreisarchivs der Aufgabe annehmen, das historische Gedächtnis des Landkreises zu bewahren, für die Öffentlichkeit zu erschließen und zugänglich zu machen, ob nun analog oder digital. Schließlich handelt es sich beim Kreisarchiv um das Dokumentationszentrum zur Geschichte des Landkreises Sigmaringen. Die amtliche Überlieferung mit Verwaltungsunterlagen aus dem 19. und vor allem dem 20. Jahrhundert wird ergänzt durch mittlerweile mehr als 60 Sammlungsbestände mit für die Kreisgeschichte wichtigen Schrift-​ und Bildzeugnissen aus privaten Nachlässen, Vereins-​ und Firmenarchiven.

Für alle, die auch privat ihren Tackernadelgebrauch einschränken möchten, hat die Leiterin des Kreisarchivs übrigens noch einen Tipp. „Es gibt nämlich eine Alternative, sozusagen einen tackernadelfreien Tacker“, sagt Vera Hollfelder. „Sogenannte klammerlose Hefter zaubern eine Schlaufe ins Papier und verbinden damit Dokumente ebenso erfolgreich wie eine Metallklammer.“

Ein Mitarbeiter des Kreisarchivs entfernt mit einem speziellen Gerät die Tackernadeln aus historischen Dokumenten.Nimmt das Kreisarchiv neue Bestände auf, werden diese zunächst von Metallklammern befreit. War jemand beim Tackern in der Vergangenheit allzu fleißig, lässt das den einen oder anderen Mitarbeitenden im Archiv auch schon mal fluchen.

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