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Jüdisches Leben in Oberschwaben

Lesung der Schriftstellerin Claudia Scherer

Das Buch enthält ein beeindruckendes Panoptikum des vielfältigen jüdischen Lebens in den Kleinstädten Oberschwabens seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zu seiner gewaltsamen Auslöschung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Unrechtsherrschaft. Ausgehend von Elsa Sohler geb. Stern aus Wangen (1887-1967) rekonstruiert die Autorin quellennah und einfühlsam das Verwandtschaftsgeflecht unter den jüdischen Familien im Oberland und deren vielerorts erfolgreiche unternehmerische Aktivitäten insbesondere im Textilhandel wie auch in anderen Gewerbebereichen. In Saulgau gilt die besondere Aufmerksamkeit dem Vater von Elsa Sohler, Sigmund Stern, und dessen kurzzeitiger Betätigung dort als Textilkaufmann vor der Übersiedlung nach Wangen 1891 und vor allem dem Landproduktenhändler Julius Weil und seiner Ehefrau Bertha, die nach der Reichspogromnacht im November 1938 ihren Betrieb an Werner Bilgram verkaufen müssen und nach Indien emigrieren. Dort und in der Folge in Kanada ist Bertha Weil, eine Kusine von Elsa Sohler, auch nach dem frühen Tod ihres Mannes weiter erfolgreich im Getreidehandel tätig. Ihre in Saulgau geborenen Söhne, die sich vor dem Holocaust nach England retten können, kommen in den 1990er Jahren zu einem Besuch in die über allem erfahrenen Unrecht unvergessene Heimatstadt.

Wenn es der Autorin gelingt, über die akribisch recherchierten Lebensdaten von Geburt, Heirat und Tod sowie die rekonstruierten Verwandtschaftsgeflechte hinaus biographische Details und Konturen zu den beschriebenen Personen zu ermitteln und zu schildern, gewinnt ihre Darstellung an erzählerischer Dichte und literarischer Tiefe. Bedrückend ist die Darstellung der Entrechtung, Demütigung, Ausplünderung, Vertreibung und Ermordung der jüdischen Nachbarn unter der NS-Herrschaft mit vielen „braven“ und auch im Nachhinein nur wenig schuldbewussten Mitbürgern als Profiteuren und vielfach auch als Tätern. Im Anschluss an die Lesung kann das Buch erworben werden und ist Claudia Scherer zum Signieren bereit.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei, Spenden sind willkommen. Für den Besuch der Veranstaltung ist ein 3G-Nachweis (geimpft, genesen, getestet mit PCR-Nachweis), das Tragen eines medizinischen Mund- und Nasenschutzes und die Hinterlassung der Kontaktdaten erforderlich.