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Vom Alleinsein und der Stille – 046


Br. Jakobus Kaffanke: Meine kleine Welt in Zeiten der Quarantäne


Ich lebe auf dem Ramsberg im Linzgau, nicht weit von Bodensee und Alpen, und immer wieder im Donautal in Beuron. Hier treffen für mich Natur und Kultur, verbunden in der seelischen Tiefe der christlichen Religion, zusammen. Hier ist für mich der „Himmel“ exemplarisch offen, hier kann ich ganz Mensch sein. Hier bin ich eingebunden und verbunden mit Brüdern und Schwestern, gemeinsam gehen wir in unterschiedlicher Weise den Weg des Lebens. Hier ist für mich auch Heimat, der Ort, die Landschaft, in der ich ganz Mensch mit meinen Anlagen und Gaben sein kann. Heimat ist für mich dabei wie ein Baum, der seine Wurzeln tief in den Boden senkt und sich so Halt und Nahrung sichert. Dieser Baum erhebt sich dann aus der Muttererde zur Sonne, zum Licht und wächst zum Himmel. Hier entfaltet der Baum oder mein Leben seine grünen Blätter, seine farbigen Blüten sowie seine Früchte. Hier gehe ich mit anderen Menschen den Weg des Lebens, hier ist der Ort, wo alles gut ist, wo ich „sein“ darf.
 
Als Mönch und in Zeiten der Quarantäne bin ich immer wieder alleine und auf mich selber zurückgeworfen. Für mich gibt es das Alleinsein in der Form des Abgeschnittenseins von Mitmenschen, Freunden und der Familie. Das kann leidvoll, deprimierend und depressiv sein. Ich kenne aber auch das Alleinsein in innerer Verbundenheit mit meinen Lieben, meinen Bekannten und Freunden, den Menschen allgemein und mit dem göttlichen Geheimnis.
 
Die schönen Seiten des Alleinseins sind für mich der innere Frieden, die Sanftheit und Zärtlichkeit der Stille, die Wärme der menschlichen Verbundenheit und das Glück, bei IHM und überhaupt sein zu dürfen. Dies zeigt sich in der Erhabenheit der Sterne am nächtlichen Himmel, im Licht der aufgehenden Sonne, im schwingenden Ast, wenn sich ein Vögelchen auf ihm niederlässt, im Summen der Bienen auf einer Blumenwiese. In der Lektüre eines poetischen oder weisheitlichen Textes, eines jungen Menschen, der sein Leben vor sich hat und zuversichtlich ist, im Gesicht eines älteren oder alten Mannes, der im Alltag seines Berufs gereift ist, einer reifen Frau, die dankbar auf Kinder und Enkel schaut und sie weiterhin umsorgt.
 
 
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Edwin Ernst Weber